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Neuseeland bis Tonga 1994 – "Queen's Birthday Storm" im Minerva Riff

Im letzten Sommer in Neuseeland, sprich im Dezember 1993 und Januar 1994, haben wir wiedermal viel am Boot gearbeitet. Ende Januar starteten wir dann zum grossen Trip zur Südinsel von Neuseeland. Wir erforschten alle touristischen Sehenswürdigkeiten, angefangen vom Marlborough Sound über den Abel Tasman Nationalpark, wo wir vier Tage mit Rucksack und Zelt gewandert sind.
Weiter ging's mit dem Auto bei schönstem Wetter entlang der Westküste nach Süden. Wir besuchten die Gletscher, den Milford Sound, unzählige Seen, die südlichste Ecke in Bluff und reisten entlang der Ostküste wieder nach Norden über Invercargill und Dunedin. Ein Abstecher ins Landesinnere zum Mount Cook, dann nach Christdurch und an der Küste entlang nach Picton zur Fähre über die Cook Strait. Durch den Südwesten der Nordinsel und zurück zum Schiff in Tauranga. Über fünf Wochen waren wir mit unserem Auto unterwegs, haben auf abgelegenen Campingplätzen gezeltet oder in kleinen Cabins geschlafen. Neuseeland hat faszinierende Landschaften, nur die Sandfliegen sind eine Plage.

Von Mitte März bis Mai war nochmal Grosseinsatz am Boot angesagt. Antaia stand vier Wochen an Land zum Sandstrahlen und Pinseln, und, und ... Am 24. Mai liefen wir dann endlich aus, mussten jedoch den vielen neuen Freunden fest versprechen, wiederzukommen. Nach einem rauhen Törn von acht Tagen, bei dem wir unseren Süsswassertank unfreiwillig mit Salzwasser füllten, da der Stopfen verlorenging und das restliche Süsswasser durch einen geplatzten Schlauch in den Motorraum und die Schraubenbilge lief, erreichten wir das südliche Minerva Riff, ein Korallenatoll mitten im Ozean. Bei Hochwasser spült das Wasser über das Riff, bei Niedrigwasser ist die höchste Erhebung eine Sandbank und ein paar Felsbrocken, die vom Sturm auf das Riff geschleudert wurden. Hier wollten wir einige Tage ausruhen, schwimmen und tauchen.

Die Ruhe sollte uns jedoch nicht beschieden sein, denn am zweiten Tag unseres Aufenthaltes verschlechterte sich das Wetter sehr schnell, der Wetterbericht am Spätnachmittag sagte schweren Sturm voraus, an ein Auslaufen aus dieser Mausefalle war nicht mehr zu denken. Der Wind nahm stetig zu und blies in der Nacht mit 45 bis 50 Knoten, in Böen bis 60, Windstärke 12, Orkan.

Ausser uns lagen noch elf andere Boote hinter dem Riff, davon drei deutsche Jachten, "Como no", "PatukY" und "Talofa", letztere mit zwei kleinen Kindern an Bord. Bei all den Stürmen, die wir schon abgewettert haben, hatte ich noch nie diese seelische Anspannung gefühlt, da die allgemeine Meinung vom Minerva Riff war, dass der Ankerplatz bei mehr als 30 Knoten Wind zu gefährlich ist. Dazu kam, dass die Hilferufe der anderen Schiffe, bei denen die Ankerleinen und Ketten rissen und die ins Treiben kamen, nicht gerade zur inneren Ruhe beitrugen. Zudem konnten wir nicht einmal helfen, da unser Dinghimotor am Tag vorher seinen Geist aufgegeben hatte. Glücklicherweise konnten sich die Schiffe selbst retten, indem sie sich freimotorten oder zusätzliche Anker werfen konnten.

Bei Tagesanbruch liess der Wind etwas nach, und wir dachten schon, wir hätten das Schlimmste überstanden. Der Wind drehte auf NW, und alle verlegten sich in die NW-Ecke, ein weiteres Schiff (Nr. 13) lief noch in die Lagune ein. Schon in der Nacht hatten wir über Funk die Horrormeldungen gehört von den Schiffen, die draussen vom Sturm überrascht worden waren, und im Laufe der nächsten 24 Stunden zeigten diese Meldungen das gesamte Ausmass der Tragödie. Von den ca. 50 Jachten, die gerade zwischen Neuseeland und Tonga oder Fiji unterwegs waren, war ein Schiff mit drei Personen verschwunden, nur die leere Rettungsinsel wurde gefunden. Sieben weitere Schiffe, die zum Teil durchgekentert waren und den Mast verloren hatten, wurden von ihren zum Teil schwerverletzten Besatzungen (21 Personen) verlassen bzw. konnten abgeborgen werden. Etliche andere Schiffe waren in Seenot, hatten Wassereinbrüche und schwere Schäden, konnten sich aber selbst helfen. Interessanterweise hat man später viele der verlassenen Schiffe in relativ gutem Zustand wiedergefunden.
Zurück zu uns, denn wir hatten uns wohl zu früh gefreut. Das Sturmtief war wohl in letzter Minute kurz vor Erreichen des Minerva Riffs nach SW abgeschwenkt, aber es zog drei schwere Fronten hinter sich her, die uns voll erwischten. Die zweite Nacht brachte Winde von Orkanstärke und darüber, eine Jacht mass 70 Knoten, als der Windmesser davonflog. Besonders bei Hochwasser waren die Schiffsbewegungen unvorstellbar, die Sicherungsleine an der Ankerkette stöhnte in nervtötenden Tönen, und wir standen im Niedergang und warteten nur auf den Knall, dass irgend etwas reisst. Mehrere Male mul3te Werner auf das überspülte Vorschiff, um mit Maschinenunterstützung den Haken der Sicherungsleine wieder einzuhängen, da sonst der gesamte Zug auf die neue Ankerwinsch kam. Im Höhepunkt des Sturms wurde selbst das zu gefährlich, da die Gefahr bestand, vom Deck gespült zu werden, und das vor Anker! Um uns herum herrschte Chaos.

Einigen Booten brachen ihre Ankerketten und sie verloren den zweiten und dritten Anker. "Talofa", der schon zwei Anker verloren hatte, kam ins Treiben und der Motor wollte nicht anspringen. Sigi hatte grosse Angst, mitsamt den Kinders aufs Riff zu gehen. Wir konnten nicht helfen, "Patuky", deren 12-mm-Kette gebrochen war und die schon Kreise in der Lagune fuhren, versuchten, eine Leine überzubringen, was aber nicht gelang.   Zu unser aller Erleichterung, kamen "Talofas" Ersatzanker zum Halten und auch der Motor konnte zum Leben erweckt werden. Auch andere Boote fuhren Kreise, nachdem sie ihren letzten Anker verloren hatten, oder sie konnten sich an andere anhängen, mussten jedoch die gesamte Nacht mit Maschine unterstützen, um den Zug auf die Kette zu verkleinern.

Aber auch diese Nacht ging vorbei, ohne dass eines der Boote oder gar die Besatzung grösseren Schaden gelitten hatte. Die zweite und dritte Front liefen durch, waren jedoch deutlich schwächer, 30 Knoten wurden schon fast als windstill empfunden. Nach drei Tagen konnten die ersten Tauchversuche gestartet werden und dank GPS und Tauchgeräten konnten fast alle Anker und Ketten geborgen werden. Unser Anker, ein ganz neuer 28-kg-Bügelanker, hatte sich soweit in den Sand gegraben, dass wir alle Mühe hatten, ihn hochzuholen. Die Ankerwinsch hatte einen leichten Schaden genommen und eierte, was jedoch mit ein paar gezielten Schlägen mit dem Hammer behoben werden konnte. "Como no", ebenfalls mit Bügelanker, hatte auch nur einen Anker draussen gehabt und keinerlei Probleme damit. Dieser Anker hatte hier für uns seine Feuertaufe bestanden, und wir haben auch heute noch nur das höchste Lob für ihn.

Als alles sich beruhigt hatte, segelten wir in zwei Tagen nach Nuku’alofa, der Hauptstadt des Königreiches Tonga auf der Insel Tongatapu, wo wir Mitte Juni ankamen. Hier blieben wir fast acht Wochen und segelten dann durch die Ha’apai Inseln zur Vava’u Gruppe. Diese Inseln sind höher und haben zum Teil schöne Sandstrände und Ankerbuchten. Man kann wochenlang von einem zum anderen Ankerplatz gondeln, Schwimmen, Schnorcheln, Riffwandern. Auch die einheimische Bevölkerung ist sehr freundlich, und wir haben viele schöne Kontakte geknüpft. Hier haben wir auch unsere Trauminsel gefunden und werden voraussichtlich für einige Zeit hierbleiben. Solltet ihr in ein bis zwei Jahren einen Urlaub in der Südsee planen, wendet Euch an uns, mehr wird jetzt nicht verraten.

Liebe Grüsse

Elke & Werner

 

 

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